Für welche Behörden eignet sich Online-Posteingangsscannen?
Bei der elektronischen Akte und Vorgangsbearbeitung stehen Dokumente im Fokus. Allerdings erfolgt längst nicht jede Behördenkommunikation auf digitalem Weg, sodass man für die Bereitstellung einer vollständigen elektronischen Akte papierbasierte Posteingänge digitalisieren muss. Auch ein Altdaten-Scannen hilft dabei, kilometerlange Aktenschränke zu beseitigen und so Lagerkosten zu reduzieren. Die schrittweise Anpassung der Kommunikationswege (z.B. DE-Mail) auf digitale Medien und Vernichtung von Papierpost ist ein essentieller Schritt zu einem effizienten Büro.
Für das Scannen und Erfassen von Dokumenten können verschiedene Strategien angewendet werden. Wir bei ditemis verfolgen eine strikte Webstrategie, sodass wir uns in diesem Artikel mit einigen Produkten beschäftigen, mit denen Scanner aus einem Webbrowser angesprochen werden können. Im Modul zu Scan-Prozessen nennt DOMEA diese Variante “Online-Scannen”. In diesem Konzept aus dem Jahr 2004 wird diese Variante nur für Belegerfassung mit geringem Durchsatz empfohlen. Diese Einschätzung möchten wir nach 10 Jahren mit den verfügbaren technologischen Möglichkeiten der heutigen Zeit hinterfragen.
Was sind die Anwendungsfälle und Vorteile des Online-Scannens?
Eine webbasierte Scanlösung eignet sich aus unserer Sicht besonders, wenn sie zu einem frühen Zeitpunkt an verschiedenen dezentralen Standorten Scannen wollen oder müssen. Falls Sie Scanstationen an unterschiedlichen Standorten aufbauen müssen oder sogar bei jedem Sachbearbeiter im Büro ein Scanner verfügbar ist, können Sie sich durch eine zentrale Bereitstellung der notwendigen Funktionalität über den Webbrowser hohe Installations-, Lizenz- und Wartungskosten ersparen. Die Verantwortung für einen ordnungsgemäßen Scanablauf kann so auf sehr viele Mitarbeiter verteilt werden und die Verarbeitung erfolgt parallel, ohne das es zu Rückständen kommt.
Entgegen einer lokalen Installation ergeben sich folgende Vorteile des webbasierten Ansatzes:
- Installation: Durch eine zentrale Bereitstellung über den Webbrowser wird die Anwendung für alle Arbeitsplätze auf einmal verfügbar. Die Installation der Scanprodukte reduziert sich meistens auf ein Plugin, das entweder zentral ausgerollt oder sogar durch den Anwender selbst installiert werden kann. Damit steht die Basisinstallation oder ein Versionsupdate innerhalb von wenigen Minuten für alle Scanarbeitsplätze zur Verfügung.
- Wartungsaufwand: Zur Aktualisierung der Software oder der Konfigurationen muss die Applikation nur auf dem Server angepasst werden. Durch die Webschnittstelle werden die Änderungen sofort für alle Nutzer wirksam. So können z.B. Scanprofile mit Größen-, Helligkeits- und Farbeinstellungen einfach ergänzt oder verändert werden.
- Lizenzverwaltung: Die Lizensierung der Software erfolgt üblicherweise über Serverlizenzen, die an zentraler Stelle verwaltet werden. Falls Volumenlizenzen (Abrechnung nach gescannten Seitenzahlen) notwendig sind, können diese ebenfalls für alle Scanarbeitsplätze in einem Pool zusammengeführt werden. Dadurch sind bei einem webbasierten Ansatz die geringsten Lizenzkosten zu erwarten. Bei lokaler Scansoftware pro Arbeitsplatz muss eventuell mehr Volumen als benötigt lizensiert werden.
- Effizienz: Dadurch, dass die gescannten Daten frühzeitig im Prozess an einen Server übertragen werden, lassen sich folgende Arbeitsschritte einfach auf andere Arbeitsplätze verteilen. Der Prozess gewinnt an Effizienz und die Arbeitslast kann einfach verteilt werden. So muss der Scanvorgang und die Qualitätssicherung nicht von der gleichen Personengruppe erfolgen, wie die Erfassung von Metadaten oder die Indizierung. Sachbearbeiter können die Erfassung beispielsweise selbst vornehmen, wodurch eine zentrale Registratur nicht mehr notwendig ist.
![Das Posteingangscannen kann mit webbasiertem Scannen effizient auf mehrere Arbeitsplätze verteilt werden](http://res.cloudinary.com/ditemis/image/upload/v1436778606/ditemisblog/webbasiertesPosteingangsscannen.png)
Die ganzheitlichen Vorteile des webbasierten Ansatzes hängen stark von der Integration in die bestehende E-Akte ab. Der Scanprozess sollte möglichst synchron in die E-Akte oder E-Vorgangsbearbeitung integriert werden, damit der Nutzer eine Rückmeldung dazu bekommt, zu welchem Zeitpunkt er eine Anwendung wechseln muss. Idealerweise kann das Scanmodul direkt aus der Vorgangsbearbeitung aufgerufen werden. Dazu ist typischerweise ein individueller Exportschritt für die verwendete DMS-Software notwendig.
Der webbasierte Ansatz ist allerdings nicht immer geeignet und benötigt eine entsprechende Infrastruktur, damit der gewünschte Durchsatz erreicht werden kann. Gerade bei sehr großen Mengen, sollten die folgenden Punkte bei einer Entscheidung berücksichtigt werden:
- Datenvolumen: Ein Webbrowser schränkt den Zugriff auf die verfügbaren Ressourcen des Systems ein. Wenn sehr große Dokumente gescannt werden, was sowohl viele Seiten als auch hohe Auflösung (DPI, Papiergröße) umfasst, kann der reglementierte Arbeitsspeicher in einem Browser für die Anzeige und Verarbeitung nicht ausreichend sein. Ohne ein vertrauenswürdiges Plugin o.ä. ist es dann nicht möglich, die auftretende Datenlast auf die Festplatte auszulagern. Um hier kein Risiko einzugehen, sollte man eine Lösung mit den erwarteten Grenzwerten testen.
- Netzwerkbandbreite: Die Datenmenge muss vom Scanclient an einen Server übertragen werden. Abhängig vom gewählten Produkt führt der Server einige Aufgaben durch, wie z.B. eine Texterkennung (OCR) oder Formatkonvertierungen. Eventuell müssen konvertierte Daten auch wieder vom Client abgerufen werden. Einige dieser Download- und Uploadzeiten können vor dem Anwender versteckt werden. Wenn die Netzwerkbandbreite zu gering ist, muss der Anwender u.U. Wartezeiten in Kauf nehmen. Bei typischen Scangrößen mit 200 bis 300 DPI sollte mindestens ein Anschluss mit 100 MBit/s bestehen, damit Wartezeiten vermieden werden
- Hochleistungsscannen: In unseren Tests zeigte sich, dass der Durchsatz und die Datenmenge von Mittelklassescannern, z.B. dem HP Scanjet N9120, problemlos von webbasierter Scansoftware verarbeitet werden können. Speziell der TWAIN-Scanner-Treiber hat eine Restriktion von 40 Blatt pro Minute. Wenn dieser Durchsatz nicht ausreicht und ein Hochleistungsscanner mit mehr als 25.000 Blatt Scanvolumen pro Tag benötigt wird, sind native Applikationen im Vorteil.
Die Aussage, dass Online-Scannen für große Datenmengen nicht geeignet ist, ist nicht allgemeingültig. Je besser die Zielhardware und Netzwerkinfrastruktur, umso größer ist der Durchsatz mit webbasierten Scanprodukten.
Welche Produkte für webbasiertes Scannen gibt es im Markt?
Um aus dem Webbrowser auf die Scanhardware zuzugreifen, sind zusätzliche Module notwendig, die mit dem Treiber der Hardware kommunizieren können. Für diese Anforderung gibt es sehr viele verschiedene Angebote am Markt. Ergänzt wird diese Funktionalität von einigen Anbietern um z.B. Dokumentanzeige, Barcodeerkennung und OCR. Wir haben drei Vertreter mit unterschiedlichem Portfolio ausgesucht, die wir im Folgenden genauer betrachten.
Dynamsoft - Dynamic Web TWAIN
Das Dynamic Web TWAIN SDK von Dynamsoft ist, wie der Name schon vermuten lässt, ein Werkzeugkasten, um den TWAIN Treiber der Scanhardware anzusprechen und eigene Scanlösungen zu bauen. Es unterstützt durch Plugins alle gängigen Browser, bietet Programmierschnittstellen in vielen Programmiersprachen und ist auf verschiedenen Webservern betreibbar. Durch die Mitarbeit des Unternehmens am TWAIN-Standard ist eine Kompatibilität für den Großteil der verfügbaren Scanhardware sichergestellt. Das Unternehmen konnte die Qualität des Produkts bereits bei einigen Logo-Kunden beweisen. In unserem Vergleich bietet Dynamsoft den günstigsten Einstieg für eine webbasierte Scanlösung.
![Dynamsoft - Dynamic Web TWAIN](http://res.cloudinary.com/ditemis/image/upload/v1436778604/ditemisblog/dynamsoft.png)
Die Online-Demo kann nach der Installation eines Plugins direkt ausprobiert werden.
Atalasoft - WingScan & Kofax - WebCapture
Ähnlich wie Dynamsoft bietet die Firma Atalasoft mit der Software WingScan ein Plugin für die Kommunikation mit TWAIN Hardware. Auch Atalasoft hat den TWAIN-Standard federführend mitgestaltet und ist mit Expertenwissen ausgestattet. Das Produkt hat ebenfalls mehrere Jahre Reife und unterstützt die gängigen Browser, Programmiersprachen und Betriebsmodelle.
![Atalasoft WingScan](http://res.cloudinary.com/ditemis/image/upload/v1436778606/ditemisblog/wingscan.png)
Funktionen für Barcodeerkennung, Formatkonvertierungen und OCR können nachlizensiert werden. Ergänzend wird “Virtual Rescan” von Kofax unterstützt, was eine erweiterte Bildoptimierung ermöglicht.
Atalasoft wurde vor einige Jahren von Kofax, dem dominierenden Anbieter von Scansoftware, akquiriert. Unter dem Namen WebCapture vertreibt Kofax selbst eine nahezu identische Version von WingScan, die sich allerdings in das größere Lizenzmodell und Portfolio integriert. Wenn webbasiertes Scannen nur einen Teil einer gesamten Scanarchitektur ausmacht, lässt sich das mit diesem Anbieter gut abbilden.
EMC - Captiva Cloud Toolkit
Als einziger vorgestellter Vertreter unterstützt das EMC Captiva Cloud Toolkit den ISIS Treiber. Das ist nicht weiter verwunderlich, da EMC der Hersteller dieses speziellen Scantreibers ist. Webbasiertes TWAIN beschränkt sich typischerweise auf allgemein verfügbare Funktionen. Wenn Spezialfeatures eines Scanners genutzt werden sollen (z.B. Drucken einer Kennung auf gescannte Seiten), ist dieses Werkzeug zu bevorzugen. Ansonsten gibt es in der Praxis keine nennenswerten Qualitätsunterschiede zwischen TWAIN und ISIS.
Genau wie Atalasoft und Dynamsoft bietet das EMC Captiva Cloud Toolkit eine breite Unterstützung von verschiedenen Programmierschnittstellen und Betriebsmodellen an. Es ist ein Werkzeugkasten, der von Entwicklern genutzt werden kann, um individuelle Lösungen zu schaffen.
![Accusoft Cloud-Scan](http://res.cloudinary.com/ditemis/image/upload/v1436778604/ditemisblog/accusoftcloudscan.png)
Das Captiva Cloud Toolkit wurde von accusoft als Grundlage verwendet, um eine Cloud-based Scanlösung zu entwerfen. Mit dieser Lösung können gescannte Inhalte direkt an verschiedene Anbieter, z.B. Google Doc, Dropbox oder Evernote weitergeleitet werden.
Ein Werkzeugkasten für den Aufbau einer individuellen Lösung
Viele Produktanbieter haben gezeigt, dass Online-Scannen in der Praxis funktioniert - auch mit großen Datenmengen. Unserer Erfahrungen bestätigen die Reife der Produkte und die Eignung für die behördlichen Anwendungsfälle. Durch den Werkzeugkasten-Ansatz lassen sich individuelle Lösungen entwerfen, die sich gut in die bestehende Softwarearchitektur einer E-Akte oder E-Vorgangsbearbeitung integrieren lassen. Die Anbieter unterscheiden sich leicht in Lizenzpreisen und den unterstützten Fähigkeiten. Einige Anbieter bieten Spezialfähigkeiten, sodass man im konkreten Anwendungsfall evaluieren muss, welches Grundprodukt am geeignetsten ist.