Eine Erklärung zur Grundlage des Verwaltungshandelns

In dem Modul Grundlagen + Bedarfsanalyse des Organisationskonzepts elektronische Verwaltungsarbeit werden die Grundlagen des Handelns in einer Verwaltungsarbeit beschrieben. Es bietet einen Einstieg in das Thema, definiert Begriffe, grenzt sie voneinander ab und gibt Hilfestellung zur Bedarfsanalyse in der individuellen Behörde. In diesem ersten Artikel werden wir die Grundlagenkapitel des Moduls zusammenfassen und mit unseren Erfahrungswerten ergänzen. In einem zweiten Artikel erfolgt dann die Bewertung der Auswahlkritieren zur Bedarfsanalyse.

Auf welcher Grundlage basiert die Verwaltungsarbeit?

Die Verwaltungsarbeit beruht auf den Grundsätzen staatlichen Handelns, was sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt, das im Grundgesetz verankert ist. Auch wenn die Verwaltungsarbeit elektronisch erfolgt, muss das Rechtsstaatsprinzip gewahrt werden. Die öffentliche Verwaltung hat jegliche Rechtsvorschrift und Regelung zu beachten die Anforderungen an die Schriftgutverwaltung und den Geschäftsgang festschreibt. Um den Rechtsschutz zu wahren, wird das Verwaltungshandeln in Akten dokumentiert. Dabei gelten folgende Grundsätze zu dem Prinzip der Aktenmäßigkeit, die über den gesamten Lebenszyklus von Unterlagen gewahrt werden müssen:

  • Der Stand einer Sache muss jederzeit aus den Akten ersichtlich sein.

  • Es dürfen keine Schriftstücke unbemerkt entfernt oder verändert werden.

  • Dokumentation & Nachvollziehbarkeit aller entscheidungs- und aktenrelevanter Unterlagen und Bearbeitungsschritte eines Geschäftsvorfalls.

In der technischen Lösung können diese Grundsätze leicht gewahrt werden, indem jegliche verändernde Operation protokolliert wird. Die Rechtsgrundlage verteilt sich z.B. auf Gesetze zum Verwaltungsverfahren, dem Archivieren, Signieren, Datenschutz und der Informationsfreiheit.

Als Geschäftsgang wird ein behördlicher Prozess zur Bearbeitung eines Geschäftsvorfalls bezeichnet. Damit ist ein Geschäftsgang vergleichbar mit dem Geschäftsprozess eines Unternehmens aus der Privatwirtschaft und bildet damit den Kern der Verwaltungsarbeit. Typischerweise verläuft ein Geschäftsgang in folgender Reihenfolge:

  1. Elektronischer oder papierbasierter Posteingang
  2. Erfassung des Posteingangs
  3. Delegation an die richtige Empfangsstelle
  4. Zuordnung zu einem Vorgang in einer Akte (Registrierung) und Zuteilung eines Aktenzeichens
  5. Bearbeitung des Sachverhalts
  6. Elektronischer oder papierbasierter Postausgang
  7. Ablage in der Akte

Stand der Umsetzung: Was lief schief mit DOMEA?

Die ernsthafte Bestrebung zur Umstellung der behördlichen Arbeitsweise auf elektronische Vorgangsbearbeitung bestätigt das DOMEA-Konzept und die vielen Einführungsprojekte zur eAkte. Nach der anfänglichen Euphorie zeigt sich ein realistisches Bild auf das “papierlose Büro”. Strukturierte Prozesse können gut erfasst und abgebildet werden. Der Großteil der Geschäftsgänge, die aus teil- oder unstrukturierten Prozesse bestehen, konnten dabei nicht zufriedenstellend umgesetzt werden. Mit einem Konzept zur Zusammenarbeit sollen diese Probleme adressiert werden. In der Reflektion zeigen sich verschiedene Schwachpunkte im DOMEA Konzept:

  • Fehlende Erfahrung in der Steuerung von Projekten mit umfassenden Veränderungen in Aufbau- und Ablauforganisation: keine messbare Zielsetzung, fehlende Unterstützung durch Führungskräfte, Vernachlässigung des Veränderungsmanagements, keine aktive Beteiligung und Information der Anwender, unterschätzter Aufwand bei Ist-Analyse und Soll-Konzeption.

  • Keine Bereitschaft zur Optimierung der bestehenden Prozesse vom papierbasierten auf den elektronischen Ablauf. Hier werden Potentiale zur Beseitigung von Medienbrüchen verschenkt.

  • Verunsicherung durch die Komplexität der Auswirkungen von technischen Lösungen auf die Organisation. Speziell in Kombination mit unsicherer Rechtslage (Vernichtung von digitalisierten Dokumenten, elektronische Signaturen).

  • Die DOMEA-zertifizierten Lösungen zeigen Schwächen in der Softwareergonomie.

  • DOMEA-Vorgangsbearbeitungssysteme stellen nicht für jede Behörde die beste Lösung dar. Plattformen für Projektarbeit und behörden- und ebenenübergreifende Zusammenarbeit blieben unberücksichtigt.

Welche Veränderungen treiben die Verwaltungsarbeit in Zukunft?

Die Trends und Herausforderungen der Zukunft lassen sich in gesellschaftliche, organisatorische und technische Auswirkungen kategorisieren.

Gesellschaftlich

Die Alterung der Gesellschaft sorgt in der Demographie der Behörden für deutlichen Handlungsbedarf. Das Durchschnittsalter liegt bei 45 Jahren, wobei die Masse der Beschäftigten zwischen 50 und 60 Jahren alt ist. Nur ein geringer Anteil ist zwischen 18 und 39 Jahren alt. Dadurch entsteht in absehbarer Zeit ein imenser Wissensverlust und Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung durch das Ausscheiden der erfahrenen Beschäftigten. Der Wissenstransfer muss durch elektronische Akten und den enthaltenen Möglichkeiten zum Wissensmanagement sichergestellt werden.
Durch das Bereitstellen und Verfügbarmachen von Daten der öffentlichen Hand für die Bürger (Open Data) kann die Bürgerbeteiligung erhöht werden. Die Transparenz, Zusammenarbeit und Teilhabe der Bürger am politischen Willensbildungsprozess ist Ziel des Open Government. Eine eAkte, die das Teilen von Informationen in medienbruch- und barrierefreier Form erlaubt, kann dabei unterstützen.
Der Sparzwang der Bundesrepublik in Form der Haushaltskonsolidierung zwingt zur Erhöhung der Effizienz im Verwaltungshandeln. Nur mit einer Prozessoptimierung auf elektronischer Basis können ausreichend Kosten gespart werden.

Organisatorisch

Durch Outsourcing von Nebenprozessen in spezialisierte Verwaltungsbereiche können die Kostenvorteile der Arbeitsteilung und Spezialisierung genutzt werden.
Mit der Standardisierung von Formaten und Verfahren kann die Interoperabilität zwischen Anwendungen einfacher erfolgen.
Die Trennung in Front-/Backofficeorganisation ist ein Erfolgsmodell, das eine Spezialisierung der einheitlichen Ansprechpartner (Frontoffice) und der Fallbearbeitung in der zuständigen Behörde (Backoffice) erleichtert und damit die Dienstleistungsorientierung unterstützt.
Durch die Öffnung zum Mobilen Arbeiten in ortsunabhängiger Form sind Änderungen an der Führungskultur, den IT-Systemen, der Datensicherheit und der Ablauforganisation zu erwarten.

Technisch

Durch Diensteorientierung und Modularisierung werden einzelne Softwarepakete wiederverwendbar und können einfacher in der IT-Infrastruktur ausgetauscht und orchestriert werden. Die Softwareentwicklung muss sich darauf einstellen.
Video- und Webkonferenzen haben sich im privaten Umfeld längst als neue Kommunikationskanäle etabliert. Der Willensbildungsprozesses wird durch Web 2.0 Technologien wie soziale Netzwerke, Wikis, standortübergreifende Dokumentenbearbeitung vorangetrieben. Die kommunizierte Inhalte - sofern aktenrelevant - lassen sich dabei in E-Akten dokumentieren.
Bürger würden gerne elektronisch mit Behörden kommunizieren. Mit dem elektronischen Personalausweis und der De-Mail stehen Mittel dazu bereit. Es sind erhöhte Sicherheitsanforderungen notwendig, die eine Rechtsverbindlichkeit der Kommunikation gewährleisten können.